Social Media ist eine Quälerei

„Wenn Sie mit Ihrem Text zufrieden sind, kürzen Sie ihn um ein Drittel“, lautet die zweitwichtigste Texter-Regel. Und nachdem der Hype der ersten Social Media-Jahre sich in den Unternehmen gelegt hat, sind es solche Klassiker, auf die sich immer mehr Digital-Verantwortliche rückbesinnen.

Erstens auf Grund der Erfahrung, dass es eben doch eines guten Handwerks Bedarf, um seine Zielgruppe zu erreichen. (Studentische Aushilfskräfte mit der Pflege der sozialen Kanäle zu betrauen, hörte sich anfangs zwar clever an – sie sind günstig und hey, es sind schließlich digital natives, die leben das – inzwischen merken aber immer mehr Kommunikationsverantwortliche, dass es nicht ausreicht, Hashtags und Banalitäten zu posten.)

Zweitens hat es sich herumgesprochen, dass nicht nur Google seinen Algorithmus ständig verbessert, sondern auch Facebook und Youtube nur noch sehr selektiv Content anzeigen oder empfehlen.

News KitchenpostKeiner kennt die geheimen Regeln der Suchmaschinen und Networks im Detail, aber sie selbst empfehlen stets das „bestmögliche User-Erlebnis“, um gut gerankt zu werden.

Und genau dieses erhält man nicht, wenn man möglichst viel Content produziert, wie es teilweise in Briefings zu lesen ist, die wir leider manchmal noch erhalten: „Täglich zwei Posts auf Instagram, wöchentlich fünf auf Facebook.“ Das vermeintliche Rezept: Viel hilft viel.

Das Problem bei dieser Strategie: Es gibt andere, die produzieren noch deutlich mehr Inhalte. Die Daily Mail aus England stellt beispielsweise 1.000 Artikel täglich online. Den meisten Content zu produzieren wird Ihnen also sowieso nicht gelingen.

Stattdessen sollten Sie Wert auf Qualität legen, denn die wichtigste Währung im Netz sind die User-Signals. Verlassen User Ihren Blog-Beitrag sofort wieder, nachdem sie diesen auf den Google-Ergebnissen angeklickt haben (Pogo-Sticking), stoppen Ihr Youtube-Video bereits sehr früh (kurze Watchtime) oder reagieren nicht auf Ihren Facebook-Post (mangelndes Engagement) haben Sie ein Content-Problem. Dieser scheint für die User nicht relevant genug zu sein. Also rankt Google Ihre Seite schlechter, Youtube versteckt Ihr Video auf den hinteren Seiten und Facebook zeigt Ihren Beitrag erst gar nicht mehr an.

„Wir wünschen Euch ein schönes Wochenende.“ „Frohe Ostern.“ „Viel Spaß bei dem schönen Wetter.“ Austauschbare Inhalte langweilen nicht nur die User und bringen keine Interaktion, sondern sie verschlechtern sogar die Bewertung Ihrer Page durch Facebook. Bedenken Sie: Jeder unbedachte Post, der bei Ihren Fans schlecht ankommt, führt dazu, dass Ihre nächsten Texte, Videos oder Bilder von dem Netzwerk weniger ausgeliefert werden. Um Reichweite zu erzielen, benötigen Sie aktive Fans (siehe Artikel hierzu).

Deshalb: Um erfolgreicher zu sein, kürzen Sie Ihren Redaktionsplan um ein Drittel! Inhalte, die nicht begeistern, fliegen raus. Konzentrieren Sie sich auf Qualitäts-Content. Ein Posting mit hoher Relevanz kann mehr Reichweite erzielen als zehn unbedachte Postings auf der gleichen Page.

Aber wie entsteht Qualität? Durch ein tiefgehendes Zielgruppenverständnis. Was wünschen Ihre Fans, User – Kunden? Welcher Content verbindet die Wünsche Ihrer Bezugsgruppe mit Ihrem Angebot? Und welche spannende Geschichte kann man mittels Bildern, Videos und Cliffhangern erzählen?

Nehmen Sie sich das meistgeklickte Video, den meistgelesenen Blog-Beitrag oder den Facebook-Post mit der besten Interaktion und versuchen Sie ihn zu übertreffen. Jedes Mal. Immer wieder.

Hört sich anstrengend an? Ist es auch. Aber denken Sie an die wichtigste Texter-Regel, die Henri Nannen formulierte: „Einer von beiden muss sich quälen – der Autor oder der Leser.“

André Karkalis ist Geschäftsführer von KARKALIS COMMUNICATIONS. Manchmal schreibt er über Themen, die ihn bewegen. Meist im Sessel in der Agenturküche. So entsteht das Küchenpost.