WALKING DEAD – das Facebook-Missverständnis

Instagram und Influencer sind für viele Marken die Zauberwörter der Stunde. Besonders Lifestyle-Brands setzen auf die Kombination von Fotos und Hashtags. Dabei entwickelt ein totgesagtes Netzwerk gerade erst seine volle Stärke.

In Meetings herrscht mittlerweile Konsens: Natürlich erreichen Marken ihre Kunden auf Instagram. Die Marschroute ist klar: Konzeption, Tonalität, Kreation, Hashtags und Redaktionsplan sind Pflicht. Und natürlich gehört es heute zum guten Ton, zu einem (hoffentlich selektiv ausgewählten) Kreis an Influencern Kontakt zu halten. Das ist auch bei uns Alltag, sei es zwecks regelmäßiger Ausstattungen oder umfangreicher Content- oder gar Produkt-Kooperationen.

Gleichzeitig wird aber der große Bruder von Instagram inzwischen von vielen Unternehmen – besonders gerne in der Modebranche – außer Acht gelassen. Man pflegt zwar noch widerwillig den Redaktionsplan und kreiert austauschbare Pflicht-Postings, aber was hilft schon eine sechsstellige Fan-Zahl der eigenen Page, wenn der Algorithmus die organische Reichweite auf wenige tausend Fans reduziert? Überhaupt fühlt sich Facebook nicht mehr sexy an. Eher alt und ein bisschen bieder. Immer öfter höre ich: „Instagram ist für uns viel wichtiger – zumindest solange unsere Kunden noch nicht auf Snapchat sind …“

News KitchenpostFacebook beginnt gerade erst Spaß zu machen
Natürlich sind Instagram und Snapchat wichtig. Die Wahrheit ist aber auch: Facebook ist in puncto Reichweite, Werbeformen und Targeting allen anderen sozialen Netzwerken weit überlegen – vorausgesetzt, man delegiert es nicht an eine Social Media-Abteilung und nutzt es dort ausschließlich fürs Community-Management.

Dass dies oft noch der Fall ist, liegt meiner Meinung nach an zwei Gründen:

1.      Facebook ist kein integraler Bestandteil des Marketings
Ein Hauptgrund, warum Facebook in vielen Unternehmen noch nicht optimal eingesetzt wird, ist die mangelnde Vernetzung des Social Media-Managers mit anderen Abteilungen. Vor einigen Jahren zwischen PR und Marketing angesiedelt, sollten Social Media-Verantwortliche Geschichten erzählen, Kundenanfragen beantworten und im Social Media-Duktus kommunizieren – aber auf keinen Fall zu werblich. Das ist zwar inhaltlich durchaus empfehlenswert, erklärt aber auch, warum sie meist keinen direkten Draht zum Vertrieb haben oder zentrale Marketingkampagnen oft nicht initiieren, sondern maximal „verlängern“ dürfen.

Das ist schade, denn Facebook bietet inzwischen Möglichkeiten, um gezielt den Footfall in Stores zu erhöhen (Stichwort Parent-Child und Shop-Promotions). Die Abstimmung mit dem E-Commerce funktioniert zwar meist besser, aber auch hier stellt sich die Frage: Inwieweit folgen der redaktionelle Content und das Hard-Selling einer Leitidee und ist beides aufeinander abgestimmt? Wurden die Inhalte gemeinsam geplant und durch den Mediaplan (Custom Audiences und Retargeting – bei Facebook geräteübergreifend!) miteinander verbunden?

Wenn das bei Ihnen bereits Standard ist, freuen Sie sich: Sie sind vielen Unternehmen einen großen Schritt voraus.

2.      Die Teilung von Kreation und Mediaplanung funktioniert auf Facebook nicht
Auch in vielen Agenturen wird noch nacheinander anstatt gemeinsam an Strategien gearbeitet: Erst Kreation, dann Mediaplanung. Wer aber zielführende Kommunikation kreieren möchte, muss bereits in der Ideenphase wissen, wie seine Kreation ausgesteuert wird und welche Faktoren im Targeting entscheidend sind. Wie sollen sonst A/B-Tests konzipiert, ausgewertet und als Rebriefing zurück in die Kreation gespielt werden?

In vielen Agenturen ist es zwar Usus von Storytelling zu sprechen, aber in der Praxis werden Ideen oft mangels spezifischem Facebook Media-Know-how nicht sequenziell weitererzählt oder führen den User nicht bis zur Conversion.

Dabei sind es genau diese Möglichkeiten, die Facebook derzeit so spannend für Unternehmen machen: Die Kombination von redaktionellem Content und gezielten Abverkaufsmaßnahmen. Natürlich nicht als Blindflug, sondern abgesichert über eine entsprechende Mediaplanung.

Warum (Media-)Agenturen, die durchaus über dieses Know-how verfügen, so selten proaktiv auf diese Möglichkeiten hinweisen, wäre fast einen zweiten Artikel wert. Nur soviel: Vor kurzem hat Facebook auch die letzte Rückvergütung für Agenturen abgeschafft …

André Karkalis ist Geschäftsführer von KARKALIS COMMUNICATIONS. Manchmal schreibt er über Themen, die ihn bewegen. Meist im Sessel in der Agenturküche. So entsteht das Küchenpost.